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Das Allgäu elektrifiziert

E-Mobilität hört nicht beim privaten Pkw auf. Vorreiter aus der Region zeigen, dass auch Flugzeug oder Bus, Leihauto und Lkw elektrisch durchstarten.

Das vergangene Jahr war das Jahr des Elektroautos. Insgesamt 1,4 Millionen E-Fahrzeuge waren zum Jahreswechsel auf deutschen Straßen unterwegs – ein stattlicher Anstieg um knapp 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Wenngleich diese Entwicklung durch das Aus der Umweltprämie zwischenzeitlich ins Stocken geriet, ist der generelle Trend ungebrochen. Gerade das Allgäu ist bei der E-Mobilität ganz vorn mit dabei und beweist, dass das Thema keineswegs beim privaten Pkw endet. So testet die Polizei in Kempten und Sonthofen E-Autos im Streifendienst.

Das Start-up Onox aus Isny hat im November den futuristischen Prototyp eines Elektrotraktors vorgestellt. Und Marktführer Fendt aus Marktoberdorf will noch in diesem Jahr die Serienproduktion seines elektrisch angetriebenen Schmalspurtraktors e100 V Vario starten.
Jenseits derart wegweisender Produktneuheiten unterstreichen viele Allgäuer Unternehmen und Kommunen schon jetzt im Alltag, dass nachhaltige Mobilität und wirtschaftlicher Erfolg keine Gegensätze sind. Wir stellen vier Projekte aus der Region vor.

Elektrisch zum Kunden

Traditionsbewusst und zugleich für neue Ideen aufgeschlossen – für die Brauerei Härle in Leutkirch ist das kein Widerspruch. Im Gegenteil. Beharrlich entwickelt Firmenchef Gottfried Härle das Familienunternehmen in Richtung Klimaneutralität. Jetzt liefert er sein Bier sogar per Elektro-Lkw aus. „Der Weg dahin war lang und nicht immer einfach“, räumt Härle freimütig ein. Denn der Markt der Lkw mit Elektromotoren entwickelte sich nur schleppend. Erst 2021 entdeckte Härle ein serienreifes Modell, das seine Anforderungen erfüllte – einen E-Lkw von Volvo. Kostenpunkt: rund 340.000 Euro. Ein stolzer Preis – weit jenseits des Preises für einen Verbrenner. Dank staatlicher Förderung ließen sich die Mehrkosten um 80 Prozent drücken. Allerdings musste sich die Brauerei innerhalb kürzester Zeit entscheiden, da das Förderprogramm auslief. „Also bestellten wir das Fahrzeug ungesehen innerhalb weniger Tage“, erinnert sich der Unternehmer.

Von der Bestellung bis zur Auslieferung vergingen fast zwei Jahre. Doch seit Juni vergangenen Jahres zieht der E-Laster nun durch die Region. Laut Datenblatt kann das Fahrzeug bis zu 250 Kilometer zurücklegen, real sind es 200 bis 220 Kilometer – was für den regionalen Lieferverkehr völlig ausreicht. Geladen wird nachts an der firmeneigenen Wallbox innerhalb von fünf Stunden. Das Feedback der Fahrer ist durchweg positiv, sie schätzen vor allem das ruhige, geräuscharme Fahren. Und auch finanziell rentiert sich die Anschaffung. „Nicht von heute auf morgen, aber langfristig“, so Härle, „denn das Fahrzeug benötigt weniger Wartung und auch bei Treibstoff, Steuern und Lkw-Maut sparen wir.“ Und so ist der zweite E-Lkw bereits bestellt. Diesmal wird es ein kleineres Modell von Iveco, das man auch durch engere Straßen gut manövrieren kann.

„Das Feedback der Fahrer ist durchweg positiv. Sie schätzen das ruhige, geräuscharme Fahren.“

Gottfried Härle, Chef Brauerei Härle

Sehr flott unterwegs

Drei kleine weiße Flitzer mit Stecker: In Sonthofen kann sich seit Dezember jeder ein „Alpenmobil“ ausleihen. Bürgermeister Christian Wilhelm zieht ein erstes Fazit. Dank E-Antrieb ist man sehr flott unterwegs. Zwei Passagiere finden gut Platz, notfalls passen auch vier Personen rein. Der Kofferraum ist zwar klein, reicht allerdings für die täglichen Erledigungen oder einen Ausflug völlig aus. Und die Reichweite von rechnerisch 300 Kilometern passt für die Region auch. Wir hatten bereits ein Carsharing-Angebot mit drei Verbrenner-Fahrzeugen. Doch der Betreiber zog sich zurück. Also haben wir nach Alternativen gesucht und geschaut, was sich bereits andernorts entwickelt hat. So haben wir drei uns schnell gefunden – AKW, die Allgäuer Kraftwerke sowie die SWW Oberallgäu Wohnungsbau und die Stadt Sonthofen.

Etwas länger haben wir über die Herausforderungen der Elektrofahrzeuge diskutiert, aber letztendlich wollte jeder Partner ein nachhaltiges Fahrzeug anschaffen. Also haben wir uns für drei Fiat 500E entschieden. AKW deckt den Bereich Technik, Infrastruktur, Abrechnung und Kundenservice ab. Als Wohnungsgesellschaft verfügt SWW über Stellplätze und den direkten Kontakt zur Zielgruppe der Mieter. Und wir als Stadt versuchen, in der Öffentlichkeit den Gedanken einer nachhaltigen Mobilität zu platzieren. Zugleich wollen wir alle die Carsharing-Fahrzeuge auch für dienstliche Zwecke einsetzen. Für die Wirtschaftlichkeit des Projekts ist das ein Faktor.

„Auf dem Land kommen wir nicht ohne Fahrzeuge aus. Deshalb müssen wir neue Wege ausprobieren.“

Christian Wilhelm, Erster Bürgermeister der Stadt Sonthofen

Die Zukunft ist leise

Auf dem Flugplatz Kempten-Durach landet man in der Zukunft: Seit Oktober verfügt der Airport über die erste Ladestation für Elektroflugzeuge – eine Deutschland-Premiere. „Anders, als es die Öffentlichkeit vielleicht wahrnimmt, ist die elektrisch angetriebene Fliegerei längst dabei abzuheben“, sagt Flugplatz Geschäftsführer Konstantin Hadrossek. Während Airbus und Boeing bei den großen Passagierflugzeugen noch entwickeln, haben sich kleinere Unternehmen auf den Markt der Ein- und Zwei-Personen-Flieger konzentriert – und vertreiben ihre Fluggeräte bereits heute weltweit. Einer dieser Pioniere ist die Firma Elektra Solar im gerade mal 75 Kilometer entfernten Landsberg. Auf der Duracher Grasbahn starten und landen seit 1934 Motorflieger – pro Jahr aktuell rund 18.000-mal.

„In der Anfangsund Nachkriegszeit war das weitgehend unproblematisch“, blickt der Flugplatz-Chef zurück. Doch mit der Zeit hat das Thema Lärm an Bedeutung gewonnen. „Natürlich nehmen wir die Bedenken in der Bevölkerung ernst – und suchen intensiv nach Lösungen, die Geräuschkulisse einzudämmen“, so Hadrossek. Daher habe er den Kontakt zu Elektra Solar gesucht. „Denn deren Flieger vermeiden nicht nur CO₂-Emissionen, sondern reduzieren auch die Lärmentwicklung deutlich.“ In diesem Sinn ist die erste Ladestation für Elektroflugzeuge ein Zeichen der Zusammenarbeit. Für Hersteller wie Elektra Solar könnte sie ein gutes Argument sein, zu Testflügen und Präsentationen zukünftig nach Durach einzuladen, hofft Flugplatz-Chef Hadrossek. Denn wer würde nicht gerne mal in der Zukunft landen.

Psst, da kommt der Bus!

Das Familienunternehmen Berchtold hat zu Beginn seines 100. Jubiläumsjahrs die Zeitenwende ausgerufen – und einen Großteil seiner Busse für den Linienverkehr in Kempten gegen moderne Elektrofahrzeuge ausgetauscht. „Noch vor drei Jahren war Elektroantrieb gar kein Thema bei uns, wir haben fast ausschließlich über Wasserstoffantrieb debattiert“, erinnert sich Juniorchef Tim Berchtold. Im Auftrag der Kemptener Verkehrsbetriebe transportieren Berchtold und das zweite Partnerunternehmen Haslach bereits seit vielen Jahren die Allgäuer durch Stadt und Land. Die E-Technik habe zu Beginn sehr viel Skepsis hervorgerufen. „Denn in Kempten müssen wir durch ziemlich hügeliges Gelände.“ Beide Unternehmen beschäftigten sich intensiv mit dem neuesten Stand der Technik, reisten durch die Republik und diskutierten mit Betreibern in anderen Regionen.

Das Bild, das sich abzeichnete, war eindeutig: Strom schlägt Wasserstoff. Denn für Elektrobusse gibt es bereits heute eine große Auswahl an Modellen. Rund 600.000 Euro kostet ein Stromer – im Vergleich zu rund 240.000 Euro für einen Verbrenner-Bus ein stattlicher Betrag. Doch staatliche Fördergelder halfen, die Differenz zu meistern. Die beiden Betriebshöfe wurden mit Ladeinfrastruktur von AÜW und Allgäu Batterie ausgestattet. Seit Februar sind Berchtold und Haslach mit den ersten 16 Elektrobussen der Marke Mercedes eCitaro auf Kemptens Straßen unterwegs. „Unter den Fahrern sind selbst die größten Skeptiker inzwischen Fans der E-Fahrzeuge“, so Berchtold, „denn die gleiten über die Straßen, das ist ein äußerst angenehmes Fahrgefühl.“

„Die wartungsarmen E-Busse laufen seit dem ersten Tag problemlos.“

Martin Haslach, Geschäftsführer Haslach Bus

22. August 2019
Zukunftsprojekte

Projekt IREN2

Aufbauend auf der damals geschaffenen Infrastruktur und den gewonnenen Erkenntnissen des Forschungsprojekts IRENE läuft seit 2014 das Folgeprojekt „IREN2“.

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22. August 2019
Zukunftsprojekte

Projekt ELSA

ELSA steht für Energy Local Storage Advanced System und somit für innovative dezentrale Energiespeichersysteme für kleine und mittlere Batteriespeicher.

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22. August 2019
Zukunftsprojekte

Projekt pebbles

Der zentrale Forschungsgegenstand von pebbles ist die Konzeptionierung und Entwicklung einer integrativen Lösung in Form eines plattformgestützten Kooperationsmodells.

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