Startschuss für lokalen Energiemarkt im Allgäu
Im Rahmen des Forschungsprojektes pebbles entwickeln Siemens und das Allgäuer Überlandwerk zusammen mit ihren Projektpartnern einen lokalen Strommarkt unter Einsatz der Blockchain-Technologie. Heute starten die Partner in Wildpoldsried eine lokale Handelsplattform für Strom – ein wichtiger Schritt, um erstmals einen realen, lokalen Marktplatz für den optimierten Handel von Strom auf Basis der Blockchain-Technologie zu schaffen.
Erstmals kommt die Plattform in der Gemeinde Wildpoldsried im Allgäu zum Einsatz: Während der Demonstrationsphase können nun private Stromproduzenten mittels einer App ihren Strom direkt an lokale Verbraucher vermarkten – ohne den Umweg über einen Direktvermarkter oder den klassischen Stromversorger. Zusätzlich können auf der Marktplattform Flexibilitäten aus Batteriespeichern oder steuerbaren Lasten wie Wärmepumpen oder Ladestationen für Elektrofahrzeuge gehandelt werden. Die Blockchain-Technologie als Basis für das Management der Transaktionen am Markt soll Ende-zu-Ende-Transparenz und Vertrauen zwischen den Teilnehmern schaffen.
Die Stromverbraucher (Stromkunde) können Präferenzen für ihren Strombezug festlegen, etwa den Anteil und Preis für Strom aus lokalen Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Ziel des vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projektes pebbles ist es zu zeigen, dass mit Hilfe eines lokalen Energie- und Flexibilitäts-Handels Engpässe im Stromnetz vermieden und somit die Kosten für die Energiewende gesenkt werden können.
Andreas Feicht, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, sagte: „Das Projekt pebbles zeigt eindrucksvoll, wie unterschiedliche Stakeholder aus Wissenschaft, Wirtschaft und der öffentlichen Hand gemeinsam an einer innovativen Lösung arbeiten. Diese leistet einen wichtigen Beitrag zu den energie- und digitalpolitischen Zielen der Bundesregierung und zugleich zur Energiewende und deren Umsetzung im Allgäu.“
Sabine Erlinghagen, CEO Digital Grid bei Siemens Smart Infrastructure sagte: „Mit der für pebbles eingesetzten digitalen Plattform verbinden wir Erzeuger, Verbraucher und Speicher so miteinander, dass sie ihre Energie und ihre Flexibilitäten untereinander in optimierter Weise lokal handeln können.
Damit ermöglichen wir, dass Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen auch nach dem Auslaufen der staatlichen Förderung ökonomisch attraktiv bleiben und weiterhin CO2-freien Strom erzeugen und gesamtsystemdienlich ins Netz einspeisen können.“
Michael Lucke, Geschäftsführer Allgäuer Überlandwerk ergänzt: „Als regionaler Energiedienstleister engagieren wir uns seit Jahren in vielen Projekten für die Energie-Zukunft. Wir warten nicht auf Lösungen, wir entwickeln sie. Auf die Frage hin, warum wir als Stromversorger eine Plattform entwickeln, die uns beim Stromhandel „überflüssig“ macht, antworte ich: Wenn wir es nicht tun, wird es jemand anderes machen, da es der Markt verlangen wird. Da nehmen wir lieber die Rolle des innovativen Plattformbetreibers ein, als später zuzusehen, wie unsere Kunden Ihren Strom und die Flexibilitäten auf anderen Plattformen handeln – dann komplett ohne uns.“
Der Strommarkt befindet sich derzeit in einem radikalen Wandel. Die Art und Weise, wie wir Strom erzeugen, verbrauchen, speichern und teilen ändert sich gerade grundlegend. Eindimensionale Energiesysteme, in denen Stromversorger Strom an passive Objekte übertragen, werden durch intelligente mehrdimensionale Modelle ersetzt, in denen bisher passive Verbraucher zu aktiven Verbrauchern oder situativ zu Erzeugern werden. Mit Hilfe von steuerbaren Verbrauchern oder Energiespeichern können diese zudem Flexibilitäten zum Ausgleich von Schwankungen in der Stromerzeugung bereitstellen. Der von der Bundesregierung beschlossene Weg der Dekarbonisierung setzt voraus, dass der Anteil dezentraler Erzeuger weiter steigt. Gleichzeitig nehmen mit der Umstellung auf Elektro-Mobilität und Wärmepumpen die Zahl der elektrischen Verbraucher und der Bedarf an Elektrizität weiter zu. All dies kann temporär zu Engpässen im Stromnetz und zu Stromschwankungen führen.
Daraus folgt, dass das Verteilnetz stellenweise intensiv ausgebaut werden muss, was mit hohen Kosten verbunden ist. Innovative Projekte wie pebbles zeigen Netzbetreibern konkrete Alternativen zum kosten- und zeitintensiven Ausbau des Netzes auf. Gleichzeitig kann der Wunsch von Endteilnehmern nach einer aktiveren Rolle im Energiesystem bedient werden.
Die Projektpartner Siemens, Allgäuer Überlandwerk (AÜW), AllgäuNetz, die Hochschule Kempten und Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik FIT haben gemeinsam eine Plattform, Managementsysteme und eine App für den lokalen Energie- und Flexibilitätshandel entwickelt, die Netzbeschränkungen, Erzeugung- und Lastprognosen berücksichtigt und einen optimierten Einsatz von steuerbaren Verbrauchern, Erzeugern und Speichern ermöglicht.
Alle Hintergründe zu den Forschungsprojekten IRENE und dem Energiecampus Wildpoldsried finden Sie auf der Projektwebseite: www.pebbles-projekt.de